OVB-18.05.2018
Mitbegründer einer Schule in Tansania zu werden, an der inzwischen rund 170 Kinder unterrichtet werden; Menschen dafür gewinnen, Patenschaften für tansanische Kinder zu übernehmen oder Spenden für die Msafiri Primary School zu akquirieren – es war nicht unbedingt vorhersehbar für Michael Hell, dass er diese Aufgaben einmal übernehmen würde.
Ampfing – Alles begann mit einer Freundschaft. Michael Hell war über einen kirchlichen Freiwilligendienst in Tansania. Öfen baute er, damit die Menschen Kochmöglichkeiten haben. Es sei ein Gegensatz zu seinem Leben in Deutschland gewesen. Michael Hell kommt aus einer Familie, die zwischen Ampfing und Burghausen für Mode steht. Sein Großvater eröffnete 1956 das erste Ladengeschäft. Für Michael Hell habe festgestanden, dass er nach dem Wehrdienst in der Entwicklungshilfe arbeiten möchte. In Tansania, rund 5500 Kilometer von seiner Heimat entfernt, lernte er einen Landwirt kennen, mit dem ihn eine Freundschaft verbinden sollte: Msafiri, nach dem auch die Schule benannt ist. „Ich bin immer wieder hingefahren“, erzählt Michael Hell. Da ist er schon wieder in Deutschland, arbeitet im Unternehmen der Familie, das er seit 2005 führt. 2002 starb Msafiri. Michael Hell bleibt Tansania zugetan.
In seinem Büro in Ampfing hängt ein Bild, mit afrikanischen Tieren darauf. Tingatinga heißt der in Tansania entstandene Stil, erklärt er. Wenn er über Tansania spricht, klingt das sachlich. Er verklärt nichts. Michael Hell erzählt, dass Frauen dort, wenn sie ledig Mutter werden, Schwierigkeiten bekommen. Wollten sie später einen Mann heiraten, lehne der oft das Kind aus einer anderen Beziehung ab. Die Buben und Mädchen lebten dann häufig bei den Großeltern – ohne eine Schule zu besuchen.
Mädchen sind bei Bildung benachteiligt
Mädchen bekämen grundsätzlich seltener Bildung zugestanden. Über Patenschaften, die Menschen aus der Region übernehmen, kommen solche Kinder, meist Mädchen, an die Msafiri Primary School. „Es sind Kinder, die sonst keine Chance hätten, auf eine gute Schule zu gehen“, erklärt Michael Hell. Gerade in der Anfangszeit der Schule, die seit 2005 besteht, waren viele Kinder darunter, deren Eltern an Aids starben.
Msafiris Witwe Grace Mngara hatte nach dem Tod ihres Mannes solche Waisenkinder bei sich aufgenommen. Als sie in das schulpflichtige Alter kamen, hatte sie eine Idee, mit der sie sich an Michael Hell wandte: „Ich will eine Schule gründen.“ Er hilft von Anfang an, Spenden dafür aus Deutschland zu organisieren. „Mein Anspruch war, es besser zu machen“, erinnert er sich. Zwar gebe es in Tansania ein staatliches Schulsystem. Aber Lehrer bekämen ihr Gehalt nicht immer regelmäßig. Das wirkt sich auf den Unterricht aus.
Nach und nach wächst die Msafiri Primary School. Mittlerweile erhalten 170 Mädchen und Buben Unterricht, auch ein Internat gibt es auf dem Gelände. 45 Menschen arbeiten dort. Die Msafiri Primary School ist eine eingetragene NGO, also eine Nichtregierungsorganisation, die gesellschaftliche Ziele verfolgt: gute Bildung für Kinder. Die Schule steht auch Buben und Mädchen offen, deren Eltern der Mittelschicht angehören. Sie schätzen, dass dort auch Englisch gelehrt wird.
Nur ein Teil der Schüler sind Kinder, die Paten in Deutschland haben. „Das sind zähe Kinder“, sagt er. Manche seien erst vier Jahre alt, wenn sie kommen. Sie sprechen kein Englisch, oft keine der Sprachen, die an der Schule gesprochen wird, sie verlassen ihre vertraute Umgebung. Auch Fälle von Unterernährung gebe es bei den Neulingen. Sieben Jahre dauert die Schule.
Schulmöbel im Container
Seit 2007 ist sie vollstufig mit einer Vorschulklasse. Ein Brunnen wurde gebaut, eine Biogas-Anlage. Die Schule wurde bereits fünfmal für ihre gute Arbeit ausgezeichnet. Michael Hell ist heute Vorstandssprecher der Schule und Koordinator. Beispielsweise organisiert er, wann Praktikanten nach Tansania können, um an der Schule zu helfen. Auch Menschen, die eine Patenschaft übernehmen möchten, können sich an ihn wenden.
Der Rotary-Club unterstützt die Schule stark, manchmal helfen auch hiesige Schulen. Vor dem Ampfinger Modehaus Hell stand in den letzten Wochen ein Lastzug. Darin Schulmöbel, die die Mittelschule Töging nicht mehr benötigt. Die werden nun nach Tansania transportiert. Im Landkreis Mühldorf gibt es auch einen Unterstützungsverein für die Schule. Als nächstes möchte Michael Hell dafür sorgen, dass die Schüler in Tansania eine Art berufsbildenden Kurs für das Hotelfach belegen können. Da sie an der Schule Englisch gelernt haben, hätten sie in diesem Bereich gute Möglichkeiten.
Dass die Msafiri Primary School so wachsen würde, war für Michael Hell nicht absehbar. Auf den Fotos der Schule kennt er alle Kinder mit Vornamen, manchmal überlegt er ganz kurz. Zwei- bis dreimal reist er pro Jahr für Arbeits-Besuche an die Msafiri Primary School. Was steht dort an? Was wird benötigt? Manchmal kommen Paten aus der Region mit. „In Afrika gibt es so viele Chancen“, sagt er. Viele Europäer denken, in Afrika sei alles schlecht. Michael Hell sieht das anders. Es klingt wie ein Credo, wenn er sagt: „Man muss dranbleiben.“